Dort, wo der Zugang zu Gesundheit und Rechte besonders betroffener Gruppen gesellschaftlich und politisch verschlechtert werden, steigen auch die Neuinfektionen. Menschenrechte und Präventionserfolg sind untrennbar verknüpft. Deshalb engagiert sich die Aids-Hilfe Schweiz für Menschenrechte in der Schweiz.

Der Schutz der Menschenrechte ist entscheidend zum Schutz der Gesundheit aller. Gesellschaften, die Menschen mit HIV stigmatisieren, Gesetze, die Schlüsselgruppen wie schwule Männer diskriminieren oder marginalisierte Gruppen wie Sexarbeiterinnen kriminalisieren, behindern den Zugang zur HIV-Prävention und -Therapie.

Minderheiten werden nicht deshalb stigmatisiert, weil sie ein höheres HIV-Risiko haben, sondern weil sie stigmatisiert werden, haben sie ein höheres HIV-Risiko. Es ist die gesellschaftliche Ungleichbehandlung, welche die Betroffenheit von HIV erhöht.

Gesundheit ist geschützt, wenn das Leben nicht kriminalisiert wird: Das gilt in der Schweiz genauso wie in der ganzen Welt.

Mehr dazu unter UNAIDS: Save Lives - Decriminalise

Es ist entscheidend für den Erfolg der HIV-Prävention, dass die Rechte besonders betroffener Gruppen geschützt sind. In jenen Gesellschaften, wo Minderheiten gleichberechtigt behandelt werden und vor Diskriminierung geschützt sind, auch deren Gesundheitszustand besser ist: Dieser Stigma-Effekt ist in der Forschung gut belegt. Jeder Schritt für mehr Gleichberechtigung ist ein Beitrag an die Menschenrechte, aber auch ein entscheidender Fortschritt bei der HIV-Prävention.

Es gab und gibt Fortschritte: Zu Beginn der AIDS-Pandemie in den 1980er Jahren haben zwei Drittel der Länder der Welt schwule Männer kriminalisiert, heute tun dies zwei Drittel der Länder nicht. Aber gerade in jüngerer Zeit gibt es weltweit Bestrebungen, gegen die Rechte von Frauen, LGBTQ-Menschen, Sexarbeiter:innen und andere. Damit ist nicht nur die Freiheit aller bedroht, sondern auch die Gesundheit aller.

Menschen, die mit HIV leben

Fast hundert Länder haben Gesetzen, die Menschen mit HIV kriminalisieren. Solche Gesetze sind kontraproduktiv, weil sie alle Bemühungen zur Verhinderung neuer HIV-Infektionen eher untergraben als unterstützen – und sie verletzen sie die Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung. Stigmatisierung und Kriminalisierung untergraben eine wirksame HIV-Prävention: Die Angst vor Diskriminierung hält Menschen davon ab, sich testen und behandeln zu lassen. Menschen, die mit HIV leben, getrauen sich nicht, offen mit Fachpersonen zu sprechen, den HIV-Status offenzulegen oder verfügbare Therapien zu nutzen. (UNAIDS Factsheet 2021)

Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben

Untersuchungen haben gezeigt, dass das Wissen um den HIV-Status bei schwulen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben, in Ländern mit den am wenigsten repressiven Gesetzen dreimal so hoch ist wie in Ländern mit den repressivsten Gesetzen (Stannah et al. 2019). Umgekehrt ist die HIV-Prävalenz bei schwulen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben, in Ländern, in denen gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen kriminalisiert werden, fünfmal höher als in Ländern, in denen dies nicht der Fall ist. In Ländern, in denen es in jüngster Zeit zu strafrechtlichen schwulenfeindlichen Verfolgungen kam, sogar zwölfmal höher (Lyons et al. 2023 und UNAIDS Factsheet 2021).

Trans und nicht-binäre Menschen

Die Diskriminierung und Kriminalisierung von trans und nicht-binären Menschen ist weltweit verbreitet. Solche Massnahmen und Gesetze tragen zur Aufrechterhaltung von Stigmatisierung, Diskriminierung, Hassverbrechen und Gewalt bei. Das führt auch dazu, dass es nur sehr wenige Daten zur Gesundheit von trans Menschen gibt, insbesondere in Bezug auf HIV und sexuelle Gesundheit. Klar ist: Stigmatisierung hat einen tiefgreifenden Einfluss auf Zugang zu Gesundheitsversorgung und einem gesunden Leben – und damit einer erhöhten Vulnerabilität für sexuell übertragbare Infektionen (UNAIDS Factsheet 2021).

Sexarbeiter:innen

Die Kriminalisierung der Sexarbeit erhöht sowohl das Risiko, dass sich Sexarbeiter:innen mit HIV infizieren, als auch ihre Anfälligkeit für Gewalt durch Kunden, Polizei und Dritte. Auch die Kriminalisierung der Kunden von Sexarbeit wirkt sich negativ auf die Sicherheit und die Gesundheit von Sexarbeiter:innen aus, u. a. durch weniger Kondomgebrauch und mehr Gewalt. Eine Studie in zehn Ländern Afrikas südlich der Sahara ergab, dass die Wahrscheinlichkeit, mit HIV zu leben, für Sexarbeiter in einem Land, das Sexarbeit kriminalisiert, siebenmal höher ist als in einem Land, das Sexarbeit teilweise legalisiert hat (Lyons et al. 2020 und UNAIDS Factsheet 2021).

Menschen, die Substanzen konsumieren

Die Entkriminalisierung des Drogenkonsums und des Drogenbesitzes für den Eigengebrauch geht mit einem deutlichen Rückgang der HIV-Inzidenz bei Menschen, die Drogen injizieren, einher, u. a. durch einen besseren Zugang zu Angeboten zur Schadensbegrenzung, einem Rückgang der Gewalt und der Verhaftung oder Belästigung durch die Strafverfolgungsbehörden. Eine Übersichtsstudie zeigte, dass repressive polizeiliche Massnahmen gegen Substanzkonsumierende zusammenhängen mit dem Teilen von Nadeln, dem Vermeiden von Schadensminderung und mit mehr HIV-Infektionen (Baker et al. 2020 und UNAIDS Factsheet 2021).

Menschen, die migrieren

Migration, insbesondere bei Flucht vor Krieg und Krisen, kann Menschen in extrem vulnerable Situationen bringen: Ausbeutung, sexuelle Gewalt und prekäre Umstände erhöhen das HIV-Risiko. In den meisten Ländern sind gerade Menschen im Asylverfahren oder ohne Papiere (Sans-Papiers) mit komplexen Hindernissen konfrontiert, wie z. B. dem fehlenden Zugang zu Gesundheitsdiensten. Aber auch soziale Ausgrenzung macht Migrant:innen anfälliger für HIV (UNAIDS Report 2014).

Menschen, in geschlossenen Institutionen

Die Rechte von Menschen in geschlossenen Einrichtungen wie Psychiatrien, Jugendheime, Institutionen für Menschen mit Behinderungen und Gefängnisse müssen besonders geschützt werden – auch die sexuellen Rechte, Zugang zu Sexualität, Schutzmitteln wie Kondomen oder sauberen Spritzen und anonymen Testangeboten. Auch der Zugang zur Behandlung ist nicht immer gewährleistet – gerade bei Einweisung, Verlegung oder Entlassung kommt es zu Versorgungsunterbrüchen. Menschen im geschlossenen Institutionen, gerade auch in Asylunterkünften und Gefängnissen, haben das gleiche Recht auf Gesundheitsstandards und Gesundheitsversorgung wie alle anderen Menschen in der Schweiz. (UNAIDS Factsheet 2021).