Sexuell übertragbare Infektionen 2023
Sexuell übertragbare Infektionen 2023: Handlungsbedarf beim Zugang zu Tests, insbesondere bei HIV & Syphilis
MehrDie Aussagekraft des Ansteckungsortes oder -weges ist bei den verfügbaren Daten im BAG-Bulletin beschränkt, da die Angabe je nach Gruppe bei bis zur Hälfte der Fälle fehlt. Das Surveillance- und Meldewesen in der Schweiz muss dringend reformiert werden, um eine bessere Datengrundlage zu erhalten. Nur so können Akteure wie die Aids-Hilfe Schweiz adäquat und rasch auf das Infektionsgeschehen reagiert.
Entscheidender Indikator für das HIV-Eliminationsziel ist die Kaskade. Um das zu erreichen, muss die Schweiz heute weiter sein: mindestens 95% aller Personen brauchen eine HIV-Diagnose. Diese Ziele werden insbesondere mit zwei Massnahmen erreicht: Schutzmittel wie Kondome oder PrEP müssen kostenlos und unkompliziert verfügbar gemacht werden und besonders von HIV betroffene Gruppen müssen einfachen und anonymen Zugang zu Beratung und Testung erhalten. Weiterhin sind Männer, die Sex mit Männer haben (MSM) die am stärksten betroffene Gruppe in der Schweiz. Wenn Bund und Kantone nicht zusätzliche Mittel für die Prävention zur Verfügung stellen, wird das HIV-Eliminationsziel 2030 nicht erreicht. Auch heterosexuelle Personen müssen verstärkt auf individuelle Risiken für HIV sensibilisiert werden, insbesondere was Sextourismus oder Besuche in Heimatländern mit hoher HIV-Prävalenz betrifft.
Die steigenden Fallzahlen sind besorgniserregend. Betroffen sind am häufigsten MSM, aber auch kommerzielle sexuelle Kontakte. Syphilis überträgt sich sehr leicht, auch beim Sex mit Kondom. Deshalb ist regelmässiges Testen bei besonders betroffenen Gruppen die wichtigste Massnahme. Aber die Ressourcen, die für die niederschwellige Testangebote zur Verfügung stehen, reichen dafür bei weitem nicht aus, insbesondere für Sexarbeiter:innen.
Es steht keine Impfung gegen Hepatitis C zur Verfügung, aber eine wirksame Behandlung. Das Ansteckungsrisiko kann reduziert werden, indem auf das Austauschen von Drogenkonsum- und Zubereitungsmaterial (Spritzen, Nadeln, Filter, Löffel, Röhrchen) verzichtet wird. Das Engagement bei Harm Reduction ist deshalb massgeblich, um Neuinfektionen zu verhindern. Hinzu kommt, dass Testung, aber auch Behandlung für besonders betroffene Gruppen nicht ausreichend zugänglich ist.
Auch bei Gonorrhoe sind MSM besonders stark betroffen, die Fallzahlen steigen. Beunruhigend bei Gonorrhoe ist die Bildung von Antibiotikaresistenzen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Behandlung korrekt und nach den aktuellen Guidelines durchgeführt wird.
Je mehr getestet wird, desto mehr wird gefunden: Aus Public Health-Sicht stellt sich deshalb die Frage, wie sinnvoll das asymptomatische Testen bei Chlamydien ist. Eine Testempfehlung ist nur dann verhältnismässig, wenn damit mittelfristig auch eine Reduktion von Infektionen erreicht werden kann; insbesondere deshalb, weil Chlamydien auch ohne weitere Folgen ausheilen können. Diese Diskussion muss in der Fachwelt verstärkt und interdisziplinär geführt werden (vgl. Kenyon et al.).
Sexuell übertragbare Infektionen 2023: Handlungsbedarf beim Zugang zu Tests, insbesondere bei HIV & Syphilis
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