HIV und psychische Gesundheit
Ein holistischer Ansatz bei der Behandlung von HIV ist angesichts der hohen Prävalenz psychischer Belastungen bei Menschen mit HIV von entscheidender Bedeutung.
Marlon Gattiker, Aids-Hilfe Schweiz
In vielen Ländern gibt es weniger als ein Psychiater pro 100 000 Menschen. Insbesondere für Menschen mit HIV, die überdurchschnittlich oft mit psychischen Belastungen leben, bedeutet dies einen wesentlichen Mangel in der Gesundheitsversorgung. Jerome Galea, Psychologe und Assoziierter Professor für Soziale Arbeit an der Harvard University nennt die Auswirkungen von psychischen Belastungen auf das Leben mit HIV und erläutert Lösungsvorschläge für eine bessere gesamtheitliche Gesundheitsversorgung.
Wie wirkt sich eine Depression auf HIV potentiell aus?
- Der Zugang zur HIV-Behandlung erschwert sich.
- Die ART Adhärenz nimmt ab.
- Drogen und Alkoholkonsum steigen.
- Die Virenlast kann trotz hoher ART-Adhärenz zunehmen.
Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Arbeit mit Menschen mit HIV in der Schweiz? Wie kann ihre psychische Gesundheit verbessert werden bzw. psychischen Belastungen vorgebeugt werden?
Von wesentlicher Bedeutung ist die Schaffung eines Umfeldes auf allen Ebenen (medizinisch, sozial, politisch), welches die psychische Gesundheit von Einzelpersonen und Communitys unterstützt. Beispielsweise braucht es mehr Sensibilisierung für psychische Gesundheit. Depressive Menschen äussern ihre Beschwerden oft als Bauch- oder Kopfschmerzen, weil ihnen das nötige Vokabular für psychische Belastungen fehlt. Mehr Aufklärung sorgt hier für ein stärkeres Bewusstsein. Auf der anderen Seite sind mehr Kapazität in der Gesundheitsversorgung für psychosoziale Anliegen nötig. Hier braucht es kontextgerechte Ansätze für die psychische Gesundheit, die in Partnerschaft mit entsprechenden Communitys erfolgt.