HIV-bezogene Stigmatisierung im Gesundheitswesen – Was kommt als Nächstes?

Im Rahmen der EACS 2025 fand die Session unter dem Titel „HIV related stigma in healthcare settings – What next?“ statt. Moderiert von Teymur Noori (ECDC), diskutierten Expert:innen über die anhaltende Stigmatisierung von Menschen mit HIV im Gesundheitswesen und stellten Lösungsansätze vor.

Von Marlon Gattiker

Forschungsergebnisse und Erkenntnisse

Katie Darling (Universitätsspital Lausanne) präsentierte Daten aus der Schweizer HIV-Kohortenstudie, die zeigen, dass Frauen, People of Colour und Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) besonders stark von Stigmatisierung betroffen sind. Sie betonte die oft unsichtbare und stille Natur von Stigma – etwa in Form von internalisierter oder antizipierter Diskriminierung – sowie strukturelle Beispiele wie übertriebene Vorsichtsmassnahmen oder das Markieren von Patient:innenakten mit HIV-Stickern.

Die ECDC-EX-Umfrage unter 18.000 medizinischen Fachkräften in 54 Ländern offenbarte grosse Wissenslücken zu U=U, PEP und PrEP. Geringes Wissen korrelierte mit diskriminierendem Verhalten, etwa der Vermeidung von Körperkontakt oder dem Tragen doppelter Handschuhe aus unbegründeter Angst vor Ansteckung.

Strategien gegen Stigma

Die Panelist:innen forderten mehrstufige Massnahmen:

  • Integration von HIV in medizinische Ausbildung
  • Stärkung der Patient:innen zur aktiven Bekämpfung von Stigma
  • Einführung und Umsetzung von Anti-Stigma-Richtlinien

Ricardo Fernandes (GAT) betonte die Bedeutung von Community-Beteiligung und Repräsentation. Florence Thune (Sidaction) sprach sich für nationale Kampagnen zur Förderung von U=U aus. Joseph Larmarange (IRD) hob die Notwendigkeit hervor, intersektionale Stigmatisierung zu adressieren und Massnahmen auf spezifische Kontexte zuzuschneiden.

Initiativen und Ausblick

Vorgestellt wurden unter anderem:

  • Das EU-unterstützte „Shield“-Projekt zur gemeinsamen Bekämpfung von Stigma
  • Ein WHO-Technical Brief mit Empfehlungen für Interventionen auf Einrichtungsebene
  • Die geplante globale Ausweitung der ECDC-EX-Umfrage in Zusammenarbeit mit den Genfer Universitätskliniken (gefördert durch Gilead)
  • Das innovative Crowdsourcing-Projekt „Orleo“ in Kasachstan als Modell für partizipative Stigma-Bekämpfung

Fazit

Die Session endete mit einem Appell für europaweite Kampagnen zur Veränderung gesellschaftlicher Wahrnehmungen von HIV. Die Expert:innen zeigten sich zuversichtlich, dass durch gemeinschaftliches Engagement und strukturelle Reformen ein nachhaltiger Wandel möglich ist – hin zu einer diskriminierungsfreien Versorgung für Menschen mit HIV.

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