Die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der Community-Führungsrolle bei der Aids-Bekämpfung sind bittersüss. Trotz der Tatsache, dass der Führung der Community eine grosse politische Bedeutung beigemessen wird - auch mit den Zielen der politischen Erklärung der UN-Generalversammlung - werden für Massnahmen immer noch nicht genügend Mittel bereitgestellt. Gleichzeitig werden in einigen Ländern Communities angegriffen und der zivilgesellschaftliche Raum wird vielerorts eingeschränkt, u. a. durch das Fehlen von Finanzmitteln. Das macht eine echte Eigenverantwortung und Führung unmöglich. Wir sehen jedoch auch Anfälligkeit und Widerstandsfähigkeit. In einigen Ländern schliessen die neuen konservativen Regierungen absichtlich alle Räume, in denen Communities zuvor ihren Sitz hatten. Vor diesem Hintergrund werden die Beweise für die Wirksamkeit und die Notwendigkeit der Führung von Gemeinschaften immer zahlreicher.

Francisca Boenders, Geschäftsführerin, Sexuelle Gesundheit Zürich SeGZ

Die Vorträge von Mandisa Dukashe aus Südafrika, Veriano de Souza Terta Jr. aus Brasilien sowie Tetiana Deshko zeigen auf, wie wichtig es ist, dass die Communities stark sind und zusammenarbeiten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Es braucht nicht nur nationale, sondern auch internationale Solidarität.

Sei es einerseits für die Menschenrechte einzustehen, die bereits erreichten Errungenschaften beizubehalten, um den Zugang zur Prävention und den medizinischen Dienstleistungen für alle Menschen zu ermöglichen, anderseits aber auch, um an die Gelder von internationalen globalen Fonds zu kommen, für die Umsetzung aller Programme und Dienstleistungen.

Aus Südafrika wurde aufgezeigt, wie wichtig die Communities sind, um die Lücken zu schliessen, damit Prävention und die medizinischen Dienstleistungen bei den Menschen ankommen. Es ist von grosser Wichtigkeit, dass die betroffenen Schlüsselgruppen fordern und dafür einstehen, was für sie wie wichtig und richtig ist. Die Aktivist:innen haben dafür grosse Kämpfe geführt. Jede Schlüsselgruppe (Jugendliche, MSM, Frauen, Sexarbeitende, etc.) besteht auch Expert:innen darin, wie Prävention und medizinische Dienstleistungen umgesetzt werden sollen. Südafrika hat grosse Anstrengungen unternommen, damit die ART wie auch die PrEP grossflächig eingesetzt werden können, dies ist jedoch nur möglich, weil die betroffenen Schlüsselgruppen dafür eingestanden sind und auch die Wege für diese Errungenschaft aufgezeigt haben (so haben sie zum Beispiel Daten geliefert, aufgezeigt, wie an die internationalen Gelder zu kommen ist, mit der Regierung gerungen, aufgezeigt, mit welchen Problemen die Menschen je nach Lebenssituation zu kämpfen haben, etc.). 

In der Ukraine sind seit dem Kriegsbeginn die staatlichen Gelder und die Hilfen für Prävention, medizinische Dienstleistungen und Betreuung weggefallen. Zivilgesellschaftliche Organisationen und die Communities haben den Lead für die Prävention und die medizinische Versorgung für HIV und Aids übernommen. Dies Dank der grossen internationalen Solidarität und dem internationalen Funding. Trotz herrschendem Krieg kann dank innovativer Projekte (z. B. Online-Dienste, mobiles Medical-Health-Center) ein grosser Fortschritt in der Prävention und im Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für HIV und Aids verzeichnet werden, z.B. wurde ein Anstieg von 130 % bei den PrEP–Usern seit Kriegsbeginn verzeichnet. Es wurde aufgezeigt, wie wichtig es ist, dass innovative Projekte rasch umgesetzt werden, damit die betroffenen Menschen kostenlos und einfach zu Prävention und medizinischen Dienstleistungen gelangen. 

Der Vertreter aus Brasilien formuliert Herausforderungen wie, es gibt immer weniger Funding und Spenden für HIV/Aids, da die Herausforderungen weltweit andere Prioritäten setzen wie z.B. Krieg, Klimaerwärmung, etc. 

Aber auch die Sorge, wie junge Menschen involviert werden, um die Führung zu übernehmen, damit die erreichten Errungenschaften beibehalten und ausgebaut werden können, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Das Symposium hat aufgezeigt, auch wenn die Ressourcen in der Welt verschieden verteilt sind und verschiedene Regierungen die HIV/Aids-Prävention, Forschung und Behandlung unterschiedlich fördern, haben wir alle auch noch nach 40 Jahren gemeinsam, dass die Communties die Expert:innen sind. Weiter müssen Communities und zivilgesellschaftliche Organisationen sich für die Menschenrechte einsetzen - sei es für die Anerkennung und/oder Umsetzung, das Schliessen von Versorgungslücken und den Zugang zu Prävention und ART möglichst niedrigschwellig für alle Menschen zu gestalten. Wir alle müssen weiter innovative Projekte lancieren und für die Gelder kämpfen, damit die Menschen gratis oder kostengünstig Prävention oder ART erhalten. 

Die Aids-Hilfe Schweiz und auch kantonale Aids-Hilfen feiern ihr 40jähriges Jubiläum im nächsten Jahr. Trotz dem bereits viel Erreichten, wird uns allen die Arbeit nicht ausgehen – denn wir sind die Expert:innen! Es lohnt sich, den Kampf um Gelder mit dem BAG, Kanton und den grossen Städten zu führen, damit wir innovative Projekte lancieren können. Unsere langjährige Expertise hilft uns, dass wir weiterhin innovativ bleiben, damit wir die Menschen in der Schweiz für die Prävention und die ART für HIV erreichen. Unser langjähriger Kampf um Gelder hat uns widerstandsfähig gemacht, bleiben wir weiterhin dran. Einerseits, damit wir unsere Programme erweitern und ausbauen können, aber auch, damit diese Leistungen für die Schlüsselgruppen gratis oder kostengünstiger werden.