Ein Tag im Leben von Emmanuel G. : Aids-Hilfe Schweiz

Ein Tag im Leben von Emmanuel G.

Der 23-jährige Emmanuel G.* aus Uganda lebt seit mehr als einem Jahr in der Schweiz. Er liebt Fussball, Video-Games, ugandisches Essen, TikTok, R & B, Psychothriller, Musicals und Komödien. Sein Asylverfahren ist seit Januar 2020 hängig. Aufgrund seiner persönlichen Geschichte entschied das Staatsekretariat für Migration SEM, ihn ins erweiterte Verfahren aufzunehmen. Queeramnesty hat sich für Emmanuel eingesetzt und begleitet ihn weiterhin.

Symbolbild

AMBRA BARONI | Queeramnesty

MORGEN

Jeden Morgen wache ich um 7 Uhr auf, Wecker brauche ich keinen. Gerne bleibe ich dann noch liegen und spiele eine Weile Videogames auf dem Smartphone. Dann schlafe ich wieder ein. Schlafen, aufwachen, schlafen. Viele Stunden meines Tages verbringe ich hier auf diese Weise. Unfreiwillig. Videospiele habe ich in meinem Heimatland nie gespielt. Ich begann damit erst, als ich in einem Bundesasylzentrum in der Westschweiz lebte. Jetzt wohne ich in einem Durchgangszentrum im Kanton Waadt, und diese Spiele sind zur Gewohnheit geworden.

Wenn ich dann aufstehe, mache ich mir ein Frühstück aus heisser Milch und Brot, manch­mal mit einem Spiegelei. Ich bin kein Kaffeetrinker. Zu Hause bestand meine erste Mahlzeit meist aus Porridge, frittierter Cassava (Maniok), Avocado und Eiern. Als ich kürzlich bei einer Freundin zu Besuch war, bereitete sie mir ein typisches Frühstück mit Cassava zu. Herrlich!

TAGSÜBER

Mir ist sehr häufig langweilig. Arbeiten kann ich nicht und lernen auch nicht, obschon ich beides sehr gerne tun würde. Ich liebe es, Neues zu lernen. Hier hingegen fühle ich mich nutzlos. Im Durchgangszentrum habe ich keine Freunde und tausche mich mit niemandem aus. Die Angst sitzt mir im Nacken, in der Unterkunft plötzlich geoutet und bedroht zu werden.

NACHMITTAG

Etwa um 15 Uhr esse ich zu Mittag. Ich koche selbst, aber nur ganz einfache Gerichte. Zum Beispiel Reis mit Huhn, Bohnen und Chapati. Eine Freundin hat mir die Zubereitung sehr vieler Gerichte beigebracht. Ich habe gelernt, Speisen im Backofen zuzubereiten und wie ich sie würzen kann. Im kleinen Ort, wo ich derzeit lebe, gibt es allerdings keine afrikanischen Läden.

Nach dem Mittagessen schaue ich, ob die Kinder draussen Fussball spielen. Mit den Kindern Fussball zu spielen ist mir wichtig – mein einziges regelmässiges Vergnügen. Wenn die Kinder nicht spielen, gehe ich zurück auf mein Zimmer. Zum Glück bewohne ich dies allein. Am Anfang musste ich das Zimmer mit einem anderen Bewohner teilen. Ich fühlte mich unwohl und befürchtete, geoutet und bedroht zu werden. Dann haben sich Focus Refugees von Queeramnesty und Asile LGBT in Genf beim Durchgangszentrum dafür eingesetzt, dass ich ein Einzelzimmer erhalte.

Ich wünsche mir mehr Freunde innerhalb der Community, denn ich will mich nicht verstecken müssen. In meinem Heimatland hatte ich nur heterosexuelle Freunde, wir sprachen nie über Homosexualität. Um das Thema auszuklammern, sagte ich ihnen immer, ich hätte keine Beziehung.

ABEND

Ich bin nicht der Typ, der in Clubs geht. Klimatisierte Lokale sind meiner Gesundheit nicht zuträglich. Zudem trinke ich keinen Alkohol. Ich gehe früh zu Bett, schlafe aber noch lange nicht ein. Vor dem Einschlafen höre ich gerne meine Lieblingsmusik. Das sind derzeit traurige Lieder.

RÜCKBLICK

Was mir in Uganda zugestossen ist, hatte und hat immer noch gravierende Konsequenzen für mein Leben. Als ich 14 Jahre alt war, wurde ich in der Schule zwangsgeoutet. Meine Familie erfuhr davon und wollte nichts mehr mit mir zu tun haben: Sie stellte mich auf die Strasse. Zum Glück fand ich Unterschlupf bei einem Cousin. Eine spätere Beziehung zu einem Freund endete in einem Desaster: Als der Vermieter begriff, dass wir schwul waren, schrie er alle Nachbarn zusammen, die in Scharen angerannt kamen, Fenster und Türen einschlugen und uns zu prügeln begannen. Dann traf die Polizei ein und verhaftete mich. Im Gefängnis wurde ich regelmässig geschlagen. Ein Freund hat mich dann gegen Geld aus dem Gefängnis geholt. Schliesslich schaffte ich es, mein Heimatland zu verlassen. Im eigenen Land nicht akzeptiert zu sein und um sein Leben fürchten zu müssen, gehört für mich zu den schrecklichsten Erlebnissen. Ich bin damals nur knapp mit dem Leben davongekommen.


Nachtrag
Emmanuel ist nun bei einer Schweizer Familie untergebracht. Er kann sich frei bewegen und hat neue Freunde gefunden. Er spielt noch immer viele Videospiele, aber neu auch Schach und regelmässig mit Freunden Fussball.


Uganda – eines der homo­phobsten Länder der Welt

In Uganda gibt es Politiker, welche die Todesstrafe für Homosexuelle fordern. Als LGBTI* muss man in Uganda ständig um sein Leben fürchten und ist Belästigungen, Diskriminierung, Verfolgung und Gewalt ausgesetzt. Homosexualität wird von vielen Ugander_innen als vom Westen importierte Krankheit angesehen.


Die Broschüre kann gedruckt bestellt
oder gratis heruntergeladen werden:
queeramnesty.ch

GEFLÜCHTETE LGBTI-MENSCHEN

Der Praxisleitfaden «Geflüchtete LGBTI-Menschen» soll Asyl- und Migrationsfach­personen im Umgang mit LGBTI-Asylsuchenden unterstützen – das heisst Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsmerkmale und/oder ihres Geschlechtsausdrucks aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Diese Asylsuchenden sind besonders verletzlich und auch in der Schweiz leider noch immer mit Diskriminierung konfrontiert. Die Broschüre richtet sich aber auch an Mitarbeitende von LGBTI-Organisationen, um die Integration der Geflüchteten in die lokalen LGBTI-Communitys zu erleichtern, sowie an alle Menschen, die sich für dieses Thema interessieren.

Diese Broschüre wurde von Asile LGBT in Genf entwickelt und von Queeramnesty für die Deutschschweiz angepasst. Sie vermittelt theoretisches Wissen, um ein besseres Verständnis für LGBTI-Menschen und ihre Situation auf der Flucht zu ermöglichen, und sie enthält praktische Hilfestellungen für konkrete Alltagssituationen.

Menschenrechte für Lesben, Schwule, bi*, trans und intergeschlechtliche Personen – weltweit! Queeramnesty Schweiz ist eine ehrenamtliche Gruppe und engagiert sich zum Themengebiet Menschenrechte, sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität. Sie ist Teil von Amnesty International Schweiz.

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